Wenn Geschichte auf Realität trifft


Ein Holocaust-Überlebender berichtet

In der Gesamtschule Windeck war Ivar Buterfas-Frankenthal am Donnerstag (06.06.2024) zu Gast, als einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen des Holocaust. Viel anschaulicher – auch im Hinblick auf die grausamen Details der Vernichtungsstrategie von Hitlers Verbrecherregime – als Geschichtsbücher dies übermitteln können, vermochte der 91-Jährige die Schülerinnen und Schüler über die verhängnisvolle Entwicklung ab 1933 zu informieren. Er schilderte, wie er schon als 6-jähriger Schüler zuerst von linientreuen Lehrern und dann von den Mitschülern beschimpft und ausgegrenzt wurde. Den Begriff „Mobbing“ gab es damals noch nicht, die Folgen waren aber die gleichen wie heute. Sein Vater wurde in ein KZ deportiert, seiner Mutter – als Christin – wurde nahegelegt, sich von ihrem Mann zu trennen.

Ivar Buterfas-Frankenthal (Mitte) mit seiner Frau Dagmar und seinem Verleger Klaus Maresch

Nun könnte man fragen, was diese „alten Geschichten“ mit der Lebenswirklichkeit heutiger junger Menschen zu tun haben. Ivar Buterfas-Frankenthal zeigte die Parallelen auf, die sich heute beim Aufkommen extrem rechter Parteien deutlich zeigen: die Ausgrenzung von Menschen wegen ihrer Herkunft oder Religion, die Präsentation einfacher „Lösungen“ bei diffizilen Problemen, die pauschale Schuldzuweisung an ganze Bevölkerungsgruppen im Hinblick auf Krisen und Probleme, die Überhöhung der eigenen Nation gegenüber europäischer Gemeinsamkeit, die Bedrohung und die Angriffe gegen Vertreter der demokratischen Parteien, die Einschüchterung von mutigen Menschen, die die Demokratie verteidigen wollen, um nur einige zu nennen.

Dann wird schon deutlich, dass man aus Geschichte lernen kann, und dass diese Veranstaltung eine besonders lehrreiche Geschichtsstunde war.

Großes Lob gab es für die anwesenden Schülerinnen und Schüler in der vollbesetzten Aula: Sie hörten aufmerksam zu, sie waren sich offenbar der Tatsache bewusst, dass solche Schilderungen bald nicht mehr „live“ zu hören sein werden. Farhat Qarizada als Geschichtslehrer hatte eine Veranstaltung vorbereitet, die auch alle erwachsenen Zuhörerinnen und Zuhörer beeindruckte, und zwar auch deshalb, weil dort ein Zeitzeuge sprach, der sich nicht scheute Klartext zu reden, der Israels Palästina-Politik hart kritisierte, weil er Diskriminierung am eigenen Leib erfahren hat und immer noch erfährt.

Die Mahnung, bei Wahlen nur für demokratische Parteien abzustimmen und ein einiges Europa anzustreben, wurde verstanden, denn die Argumente waren deutlich genug.

(Text u. Foto Dieter Vollmer)