Rede der SPD-Fraktion im Rat der Gemeinde Windeck zum Haushaltsentwurf 2022

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
meine Damen und Herren,

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ich könnte komplett meine Erläuterungen zum Haushaltsentwurf 2021 vortragen, es hat sich an unserem Grundproblem nichts geändert. Im Gegenteil, gemäß den Prognosen bis zum Jahr 2025 muss man festhalten, dass die Anstrengungen des Stärkungspaktes, den wir erfolgreich durchlaufen haben, keine positiven Auswirkungen auf unsere Finanzlage der kommenden Jahre bringen.

Unser Eigenkapital Ende 2024 wird nicht, wie 2021 angenommen, im positiven Bereich sein, im Gegenteil, für 2025 wird ein negatives Eigenkapital von -2,5 M€ prognostiziert. Das bedeutet, dass wir als Gemeinde weiter im Haushaltssicherungs-konzept verbleiben. Von einer Selbstverwaltung kann man sicher nicht sprechen.

Aber wie kommt es zu dieser veränderten Entwicklung, dass wir 2025 immer noch ein negatives Eigenkapital haben? Es sind mehrere Gründe. Ein Grund ist die Höhe der Kreisumlage, die wir an den Kreis, zu seiner Finanzierung, abführen müssen. Über einen Verteilerschlüssel, der sich in keiner Weise an der finanziellen Leistungsfähigkeit seiner Kommunen ausrichtet, müssen wir diese Umlage abführen. Allein in dem Zeitraum 2021 bis 2025 steigt die Kreisumlage um 1,4 M€. Der Kreis, der gerne die Solidarität seiner 19 Kommunen untereinander hervorhebt, berücksichtigt nicht die Finanzlage der Kommunen bei der Festsetzung der Kreisumlage. Zwischen armen und reichen Kommunen wird nicht unterschieden. Die Festsetzung erfolgt nach einem festen Schlüssel.

Aber, der Gesetzgeber legt hierzu unmissverständlich Folgendes fest:

Bei der Festsetzung der Kreisumlage ist auf das Recht einer finanziellen Mindestausstattung der Gemeinden zu achten!

Ist das in Siegburg so bekannt? Entspricht die Kreisumlage diesen Vorgaben und wenn nicht, wie gedenken wir dagegen vorzugehen?

Erinnern sie sich noch an den vergangenen Dezember, meine Damen und Herren? Da hat die SPD-Fraktion ihr Benehmen zur Kreisumlage abgelehnt und eine höhere Reduzierung als die vom Kreis geplant, eingefordert.

Unsere Windecker Listenverbindung aus CDU-GRÜNE-FDP hat diesen Antrag mehrheitlich abgelehnt. Erfreulicherweise hat z.B. der Rat der Gemeinde Much, incl. Bürgermeister, dagegen Stärke und Konsequenz bewiesen und ihr Benehmen für die Kreisumlage nicht gegeben. Der im November vorgelegte Antrag der SPD im Kreistag zur weiteren Reduzierung der Kreisumlage sowie die Ablehnung aus Much und weiteren Kritikern aus der Öffentlichkeit führte offensichtlich zu einem Umdenken bei den Mehrheitsfraktionen im Kreistag. Das erfreuliche Ergebnis dieses Umdenkens war eine weitere Reduzierung der Kreisumlage.

Es geht doch offensichtlich, wenn man sich auch mal gegen die Interessen der eigenen Fraktionen im Kreis ausspricht. Vielleicht kann man diese Geradlinigkeit auch einmal von unserer Ratsmehrheit erwarten, hier geht es um den Haushalt in Windeck, nicht um den Haushalt des Kreises.

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Ein weiterer Grund unserer Finanzschwäche liegt in den Abgaben zur   Jugendamtsumlage. Diese steigen in den Prognosen des Kreises bis 2025 um 1,6 M€. Hier haben wir im Rat gemeinschaftlich unser Benehmen für den Ansatz der Jugendamtsumlage dem Kreis verweigert. Schaut man sich einmal an, auf welche Kommunen die Jugendamtsumlage umgelegt wird, so stellt man schnell fest, dass nicht alle 19 Kommunen/Städte in diesem Verbund sind. Nachdem in den vergangenen Jahren Städte im Rhein-Sieg-Kreis aus Kostengründen eigene Jugendämter gegründet haben, ist der Kreis bei der Jugendhilfe nur noch für acht Gemeinden zuständig: Eitorf, Much, Windeck, Ruppichteroth, Neunkirchen-Seelscheid, Alfter, Swisttal und Wachtberg. Alles Kommunen mit einer vergleichsweisen geringen Einwohnerzahl und durchweg ländlich geprägt.

Der damalige Landrat Kühn wird 2013 in einem Bericht „Solidargemeinschaft bröckelt seit Jahren“ des General Anzeigers zitiert:

„In den acht Jugendamtsgemeinden führt allein die hohe Jugendamtsumlage dazu, dass viele andere Aufgaben nicht ausgeführt werden, sodass von einer tatsächlichen Selbstverwaltung kaum noch die Rede sein kann.“

Das braucht man eigentlich nicht weiter zu kommentieren. Wir haben hier das gleiche Problem wie bei der Kreisumlage, sie ist nicht auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kommunen ausgerichtet. Eine Solidarität aller 19 Kommunen sieht anders aus.

Die Aufgaben der Jugendämter sind vielfältig. Für uns als Rat wäre es für die Beurteilung der notwendigen finanziellen Ausstattung der Jugendämter hilfreich, einen Sachstandsbericht des Kreisjugendamtes über die Arbeit der Jugendämter mit Analyse der Ursachen in einer Ratssitzung zu erhalten. Dabei sollte man gemeinsam über Lösungsansätze und Zuständigkeiten diskutieren. Die SPD-Fraktion bittet die Verwaltung, dies zeitnah zu organisieren. Auch kann man darüber nachdenken, mit all den betroffenen Kommunen eine gemeinsame Vorgehensweise abzustimmen, wie man die Jugendamtsumlage so gestaltet, dass alle Kommunen und Städte des Rhein-Sieg-Kreises sich zu einer gemeinsamen Jugendarbeit solidarisieren.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Schulsozialarbeit. Ohne diese Fachkräfte, die die Schnittstelle zwischen Schule und Familie darstellen, funktioniert unser Schulbetrieb nicht mehr. Die Lasten der Finanzierung müssen vorwiegend die Kommunen selbst tragen. Das kann doch nicht Aufgabe einer Kommune sein. Hier ist das Land gefordert, denn die diesbezügliche Feststellung als „freiwillige Leistung“ ist mehr denn je völlig absurd und bedarf einer zeitgemäßen Richtigstellung.

Eine Folge der Sparmaßnahmen des Stärkungspaktes ist, dass die gesetzlichen Aufgaben der Verwaltung mit der vorhandenen Personalausstattung nicht umgesetzt werden können. Dies ist eine Erkenntnis der Gemeindeprüfungsanstalt, welche diese Untersuchung im vergangenen Jahr durchführte. Kaum zu glauben. Das kommt einem doch bekannt vor, war es doch die GPA, die uns beim Einstieg in den Stärkungspakt eine Personalreduzierung zur Pflicht machte. Die Folge daraus, die Verwaltung muss nun wieder personell aufgerüstet werden, finanzielle Mehraufwendungen im Personalbereich sind notwendig. Die Mehrkosten für die erforderliche Personalaufstockung gehen zulasten unseres Haushaltes. Die Suppe müssen wir, unsere Bürger, auslöffeln.

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Wenn man sich vor Augen führt, dass wir nur über ca. 8% unserer Ausgaben selbst verfügen können und mit diesem Betrag die Kosten für den Erhalt und die Pflege unserer gesamten gemeindlichen Infrastruktur finanzieren müssen, dann bleibt am Ende für eine freiwillige Gestaltung nichts übrig. Das ist das Ergebnis eines Umlageverfahrens, welches nicht die Leistungsfähigkeit einer Kommune berücksichtigt.

Unsere Möglichkeiten, die gemeindlichen Einnahmen zu erhöhen und dadurch den Haushalt zu entlasten, sind begrenzt. Den Haushaltsausgleich durch regelmäßige Erhöhungen der Steuersätze zu erzielen, ist keine Lösung, sondern ein kommunalpolitischer Offenbarungseid. Die Belastung unserer Bürger ist an ihre Grenzen gekommen. Ein möglicher Ansatz zur Einnahmeverbesserung ist die Stärkung der ansässigen Wirtschaft und des Tourismus mit all seinen Facetten. Die Bereitstellung von Bauflächen muss forciert werden, um jungen Familien ihren Wunsch nach einem Eigenheim zu ermöglichen und sie für einen Zuzug in unsere Gemeinde zu motivieren. Unser Angebot an Kitas und Schulen ist hervorragend, wenn dadurch noch Arbeitsplätze geschaffen werden könnten, wäre es optimal.

Windeck muss attraktiver werden. Um das zu erreichen, sind Investitionen in die Infrastruktur wie Bauland, Gewerbegebiete, Rad- und Wanderwege, Beherbergungsbetriebe, ÖPNV usw. notwendig. Hemmnisse müssen benannt und ausgeräumt werden. Es sind nicht nur Umwelt- und Naturschutzregularien zu beachten, nein, auch die baurechtlichen Einschränkungen und bürokratischen Genehmigungsverfahren behindern diese Entwicklung. Hier muss die Verwaltung ansetzen. Frau Bürgermeisterin, und Sie Herr Beigeordneter, das sind ihre Baustellen, da sind sie mit ihrem Verwaltungsteam gefordert. Die Politik, der Rat, muss Sie natürlich ohne Rücksicht auf politische Empfindlichkeiten unterstützen. Ich wiederhole mich, da müssen Windecker Interessen im Vordergrund stehen.

Dies alles hindert uns aber nicht, aktiv und zuversichtlich nach vorne zu schauen. Wir müssen den eingeschlagenen Weg für Investitionen in den Bereichen Kitas, Schulen, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Dorferneuerungsmaßnahmen, Sportstätten und vieles mehr weiterführen. Allerdings müssen wir darauf achten, dass wir in das Notwendigste, unter der Berücksichtigung von Nachhaltigkeit, investieren. Das werden zukünftig keine Glaspaläste mit Baumhäusern oder Wohlfühloasen sein. Der Weg zur Finanzierung über Fördermittel ist der richtige Weg. Aber wir müssen im Auge behalten, dass wir den Eigenanteil finanzieren können. Dies muss ausgewogen umgesetzt und gezielt auf das erforderliche reduziert werden.

Windeck hat seine Hausaufgaben gemacht. Wir haben im Stärkungspakt bewiesen, dass wir Vorgaben einhalten, Sparzwänge und Steuererhöhungen umsetzen, auf freiwillige Leistungen verzichten und mit einer teilweise maroden Infrastruktur täglich leben. Uns kann keine Behörde, kein Kreis, kein Land mehr vorwerfen, wir könnten mit unseren Ressourcen nicht umgehen. Wir sind keine Bittsteller mehr in Siegburg. Windeck hat sich die Position erarbeitet, Solidarität von Kreis und Land einzufordern, damit wir zukünftig gesichert einen ausgeglichenen Haushalt, ohne negatives Eigenkapital, vorweisen können.

Bei der Bürgermeisterwahl 2018 sind Sie, Frau Bürgermeisterin, von der Liste aufgestellt worden, mit der Begründung, Windeck braucht eine Finanzfachkraft an der Spitze, um die Gemeindefinanzen zu ordnen und Windeck langfristig zu entschulden. Ich gehe davon aus, dass Sie zur Zeit Ihrer Wahl sich dies einfacher vorgestellt haben. Ihre Vorgänger in der Verwaltungsspitze, ob Klump, Funke oder Lehmann und auch unsere Vorgänger als Ratsvertreter haben dies in den vergangen 20-25 Jahren nicht erreicht.

Wir sind aber an einem Punkt, wo wir erkennen müssen, dass ein weiter so nicht zu vertreten ist. Die SPD-Ratsfraktion erwartet von Ihnen, Frau Bürgermeisterin, dass sie uns, den Rat der Gemeinde Windeck, bei der Forderung nach einer maßvollen Berechnung der Kreis- und Jugendamtsumlage auf der Basis einer Solidargemeinschaft aller 19 Kreiskommunen, unterstützen und sich bei der vorgesetzten Behörde dafür einsetzen.

Dazu gehört auch, dass wir als Rat der Gemeinde Windeck mit erhöhtem Druck unsere Landesparteien auffordern, endlich finanzielle Unterstützungen, wie der in Rheinland-Pfalz schon umgesetzte Altlastenausgleich für finanzschwache Kommunen und Städte, zu beschließen. Das Thema „Unterstützung für finanzschwache Kommunen“ muss endlich den Weg von den Wahlplakaten in die Realität schaffen. Das ist die Aufgabe aller demokratischer Parteien.

Lösungen, die darauf hinlaufen, Haushaltsdefizite, die ihre Ursache in den vorgenannten Erläuterungen haben, mit Steuererhöhungen zu begegnen, werden wir als SPD-Fraktion ablehnen. Bei den vergangenen Beratungen zum Haushalt 2021 haben CDU-SPD-Grüne-FDP mit der Verwaltungsspitze verabredet, sich in den nachfolgenden Monaten beim Kreis und dem Land NRW für eine ausreichende finanzielle Unterstützung der Landgemeinden einzusetzen. Es war ein frommer Wunsch, der aber auch heute alternativlos ist.

Im Klartext, einem zukünftigen Haushaltsentwurf unter Einbeziehung einer Erhöhung der Grundsteuer B, ohne die gemeinsam verabredete Eingabe beim Kreis und Land, sowie auf der Basis heutiger Umlageverfahren, werden wir unsere Zustimmung verweigern.

Die SPD-Fraktion wird sich auch weiter aktiv in die Arbeit des Rates einbringen und Schwerpunkte setzen. Sie wird sich für soziale Projekte einsetzen, wie der Forderung nach Beitragsfreiheit in den Kitas und der Ganztagsbetreuung an allen Schulstandorten, sowie die Förderung der Jugend- und Seniorenarbeit. Wir werden die Initiative unserer Landes SPD unterstützen, die die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge für Anwohner fordert. Kritische Anmerkungen, Anträge und Forderungen werden weiterhin ein Bestand unserer Ratsarbeit sein.

Abschließend erinnere ich an unsere Anmerkungen, Anfragen und Anträge, die schon in meiner Haushaltsrede 2021 benannt wurden und einer Erledigung bedürfen. Es geht dabei um die Radwegeverbindungen in Windeck, um die Gestaltung der Bahnhöfe in Au und Herchen mit Umgebung, das Gewerbegebiet in Leuscheid, den Bahnhof in Rosbach und die innerörtliche Parkplatzsituation, die Sanierung der Sportstätten, sowie die Unterstützung sozialer und kultureller Einrichtungen in Windeck.

Wir haben noch viel in Windeck zu erledigen. Aber es lohnt sich für Windeck.

Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushaltsentwurf 2022 mit Stellenplan zu.

Wir bedanken uns bei der Verwaltung, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Verwaltungsspitze mit Bürgermeisterin, Beigeordneten und der Kämmerin für ihren, über das Normale hinaus gehenden Einsatz in Zeiten der Pandemie. Im Besonderen bedanken wir uns bei der Kämmerin, Frau Sonntag, für ihre vorbildlichen und verständlichen Erläuterungen des vorliegenden Haushaltsentwurfes.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Dirk Bube
SPD-Fraktionsvorsitzender

Windeck, den 8.2.2022